Zimtzucker (German Edition) by Kaiser Hannah

Zimtzucker (German Edition) by Kaiser Hannah

Autor:Kaiser, Hannah [Kaiser, Hannah]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2014-12-01T00:00:00+00:00


Kapitel 17

Den Rest des Tages bewache ich mein Telefon, ständig in der Hoffnung, Eric könne sich vielleicht melden. Natürlich könnte ich mich auch bei ihm melden, aber es gibt nichts Schlimmeres als klammernde Frauen. Zumindest hatte ich bisher immer den Eindruck, das sei das Letzte, was Männer sich wünschen.

Gegen Abend werfe ich allerdings all meine Zurückhaltung über Board und rufe ihn trotzdem an, weil ich es schlicht nicht mehr aushalten kann. Als die Mailbox anspringt, lege ich auf. Ich weiß ohnehin nicht, was ich ihm eigentlich sagen will.

Danach zwinge ich Rachel, mit mir ins Kino zu gehen. Ihr tut es bestimmt gut, mal herauszukommen und ich habe die Ablenkung ebenfalls bitter nötig. Eigentlich wollte ich Lilly fragen. Im letzten Moment ist mir zum Glück noch aufgefallen, dass das vielleicht ein bisschen auffällig wäre, da sie mir schon als Alibi für meine Übernachtung mit Eric gedient hat.

Völlig unabhängig davon freue ich mich, etwas mit meiner Schwester zu unternehmen, auch wenn sie wie so oft nur schweigt. Dennoch kommt sie ohne zu murren mit.

Im Kino riecht es nach Popcorn und Hotdogs, sowie nach zu vielen Menschen, aber die Sitze sind bequem und Rachel und ich können in der vorletzten Reihe sitzen.

Im Zwielicht des Vorspanns betrachte ich sie nachdenklich von der Seite. Ihr zartes Profil, das mittlerweile deutlich erkennen lässt, was für eine schöne Frau sie einmal werden wird, die grünen Katzenaugen, die momentan je nach Licht mal braun und mal blau wirken. Man sieht ihr an, dass es ihr nicht gut geht. Sie ist so dünn geworden, dass die Kontur ihres Nasenbeins auffällig durch die blasse Haut hervorsticht. Seufzend lege ich meinen Arm um ihre schmalen Schultern. Einen Moment lang spüre ich, wie sie sich versteift, dann seufzt sie tief und lässt es kommentarlos geschehen. Beinahe so, als wäre ich eigentlich gar nicht da – doch zumindest stößt sie mich nicht weg.

Zumindest ist der Film so spannend, dass sie eine ganze Tüte Karamellpopcorn wie in Trance in sich hineinstopft und somit an diesem Abend vermutlich mehr Kalorien zu sich nimmt, als in den letzten drei Tagen zusammen.

Im Gegensatz zu Rachel habe ich gar keinen Appetit und auch der neuste James Bond Film kann mich nicht wirklich fesseln. Stattdessen starre ich ständig heimlich auf mein Handy, in der Hoffnung, dass Eric sich endlich meldet. Kurz spiele ich mit dem Gedanken, ihn einfach noch ein zweites Mal anzurufen. Aber mein Stolz und die Tatsache, dass ich gerade mitten im Kino sitze, halten mich glücklicherweise davon ab.

Als Rachel und ich später das Kino verlassen und die kühle, grell beleuchtete Tiefgarage betreten, geht’s mir trotzdem besser.

„Es war schön, dass wir mal was zusammen unternommen haben, Rachel!“, sage ich zu ihr, als wir im Auto sitzen und uns anschnallen.

„Hmpf!“, erwidert sie, während ihr Sicherheitsgurt mit einem leisen Klicken einrastet. Aber ich erkenne deutlich die Andeutung eines kleinen Lächelns auf ihrem Gesicht. Für einen Augenblick lang bin ich so glücklich, dass ich mich beinahe mit Gewalt dazu zwingen muss, nicht laut die Songs mitzusingen, die gerade im Radio laufen.



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